Bericht über die Tätigkeit des Historischen Vereins zu Frankfurt (Oder) e. V. für das Jahr 2024 (Rechenschaftsbericht)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe
Vereinskolleginnen, liebe Vereinskollegen,
das vergangene Jahr war wieder ein recht
erfolgreiches Vereinsjahr. Unser Verein hat heute 32 Mitglieder. Im Mai 2024
konnten wir als neues Mitglied den pensionierten Studienrat Dr.
Georg Szalai in unserem Verein begrüßen. Dass die Mitgliedszahl
unseres Vereins sich dennoch verringerte, geht auf den Ausschluss von Herrn
Dr. Andreas Billert wegen Verstoß gegen die Satzung und den
Tod unsere langjährigen Mitgliedes Herrn Wolfgang Brisch am
21. Juli 2024 zurück. Auf der ersten Mitgliederversammlung nach der
Sommerpause am 24. September gedachten wir unserem geschätzten Mitglied, dem
wir ein ehrendes Andenken bewahren werden.
Unsere Monatssitzungen fanden
bis zur Sommerpause in der
Gedenk- und Informationsstätte, Collegienstraße 10, statt. Da wegen des
bevorstehenden Um- und Ausbaus der Gedenkstätte die Räume dort ab September
nicht mehr genutzt werden konnten, ermöglichte uns das Stadtarchiv, wieder
im Seminar- und Vortragsraum des
Archivs, Rosa-Luxemburg-Str. 43, jeweils ab 18:00 Uhr, zu tagen. Unser
Verein hat ebenso dankbar das Angebot des Museums Viadrina aufgenommen, nach
dem Umbau wieder in der Gedenkstätte zu tagen, wie auch bis dahin, bei
Bedarf das Hauptgebäude des Museums zu nutzen.
Zu den Sitzungen:
Zur Hauptversammlung am 30. Januar 2024 wurden die Mitglieder schriftlich per Mail und Brief sowie Pressemitteilung eingeladen. Es waren 19 Vereinsmitglieder sowie 8 Gäste dabei. Im öffentlichen Teil sprach der stellvertretende Vereinsvorsitzende Herr Dr. Martin Schieck „Zur angeblichen Gründung von Frankfurt an der Oder im Jahr 146 nach Christus“ (sh. Mitt. 2/2024, S. 2ff.). Der Referent beschäftigte sich seit 2017, seit dem 500. Jubiläum der Reformation und seiner Mitarbeit am Ausstellungskatalog („Bürger, Pfarrer, Professoren : St. Marien in Frankfurt (Oder)“, mit dieser These, wonach der Ort schon um 146 n. Chr. von Sunno 2 oder Senno, dem Sohn des Vandalenkönigs Clodomier gegründet sein soll. In seinem Vortrag führte er die Fehldeutungen und Irrtümer aus, die Wolfgang Jobst veranlassten, dieses Datum in seiner 1561 erschienen Stadtgeschichte als Ursprung der Stadt anzunehmen. Nach dem mit Beifall aufgenommenen Vortrag gab es eine Diskussion zur Gründung der Stadt, besonders dazu, wie zur Zeit von Ptolemäus die spätere Stadt Frankfurt ausgesehen haben könnte. Nach der Schließung des öffentlichen Teiles des Abends gruppierten sich die Mitglieder im Treppenhaus für ein neues Gemeinschaftsfoto. Außerdem wurden in der Pause die von Frau Nikelski aus Frankfurt aus einem Nachlass stammenden Bücher (neuere Frankfurt-Literatur) kostenfrei an die Mitglieder abgegeben. Um 20:30 Uhr begann der nichtöffentliche Sitzungsteil. Als erstes trug der Vereinsvorsitzende, Herr OA Targiel den Jahresbericht 2023 vor (sh. Mitt. 1/2024, S. 2ff.), der von den anwesenden 19 Mitgliedern ohne eine weitere Diskussion oder Ergänzung einstimmig gebilligt wurde. Anschließend trug die Schatzmeisterin, Frau Dr. Vera Kliemann den Kassenbericht vor. Nach dem positiven Bericht der beiden Kassenprüfer, Herrn Wolfgang Brisch und Herrn Lothar Meyer, wurde der Kassenbericht, gleichfalls ohne Diskussion einstimmig beschlossen und damit dem Vorstand für das vergangene Vereinsjahr Entlastung erteilt. Anschließend beschlossen die Mitglieder einstimmig den Ausschluss von Herrn Dr. Billert wegen ausstehender Beitragszahlungen und stimmten dem Vorschlag des Vorstandes zu, die bisherigen Beitragssätze auch 2024 beizubehalten (25,00 € für Vollzahler und 12,50 € ermäßigt für Ruheständler, Schüler, Studenten und beschäftigungslose Mitglieder). Zum Abschluss stellte der Vorstand den neuen Arbeits- und Vortragsplan vor, in den schon alle im Vorfeld eingereichten Vortragswünsche eingearbeitet waren. Ohne Ergänzungen wurde der Plan einstimmig beschlossen und danach, um 21:50 Uhr, die Sitzung beendet.
Die Februarsitzung am 27. 02. fand mit 15
Mitgliedern und 10 Gästen im
Hauptgebäude des
Museums Viadrina statt. Vereinsmitglied Museumsdirektor Dr. Tim
S. Müller sowie seine Mitarbeiterin Frau Dr. Michaels
referierten zu Neuerwerbungen des Museums und zu den gegenwärtigen
Recherchen zum Verbleib der seit 1945 verschollenen Bestände des einstigen
Frankfurter Oderlandmuseums. Die bedeutendste Neuerwerbung ist die aus dem
Besitz eines polnischen Arztes stammende KPM-Kratervase, die der Frankfurter
Magistrat am 9. November 1846 dem Kaufmann Caspar Brune aus Iserlohn als
Dank bei seinem 50-jährigen Messejubiläum überreichte. Außerdem wurden eine
Steingut-Schale der Firma Mattschas & Sohn sowie eine um 1925 hergestellte
und aus der Frankfurter Maschinenhandlung Willi Minde stammende Schrotmühle
gezeigt. Letztere kam Dank unseres Vereinsmitgliedes Ralf
Springsguth zum Museum. In der Diskussion zur Vase zeigte Frau Dr.
Michaels am Südgiebel des auf der Vase aufgebrachten Rathausbildes zu
sehende Keule, die wahrscheinlich nach dem Abriss des Lebuser Tores dort
angebracht wurde. Herr OA Targiel machte auf die Lage der von Kaufmann Brune
genutzten Rathaus-Gewölbe Nr. 26/27 aufmerksam. Da auf dem Bildnis an der
Gewölbestelle ein Kaufmann dargestellt ist, ist anzunehmen, dass die Stadt
eigens für Brune bei der KPM in Auftrag gegebenen Vase das Bildnis
herstellen ließ, evtl. eine detailreiche Skizze dafür bei der Manufaktur
einreichte. Es kann deshalb angenommen werden, dass die Vase 1846
hergestellt wurde und das Rathausbild - ausgehend von der Keule und dem
extra herausgehoben dargestellten Kaufmannsgewölben - ein „nach der Natur“
gefertigtes und damit quellenkritisch wertvolles Bild ist.
Auf der
Märzsitzung (23.03., 18 Mitglieder und 17 Gäste) sprach Stadtarchäologe
Christian Matthes über die Frankfurter Stadtbefestigung.
Die 1313 ersterwähnte Stadtmauer war 2,5 km lang und besaß 55 Türme. Anhand
der Ausgrabungen in den vergangenen Jahren skizzierte der Referent die
Entwicklung von der einfachen Palisadenbegrenzung bis zur Steinmauer und
schilderte die genaue Lage der einstigen Mauer im heutigen Stadtbild. Herr
Matthes verfasste zu diesem Thema schon 2023 in dem beim Lukas-Verlag
erschienenen Buch „Mittelalterliche Stadtbefestigung in der Mark Brandenburg
und in Norddeutschland“ einen Beitrag. Der Vortrag harrt noch seiner
Veröffentlichung in unseren Vereinsmitteilungen. Als Dank wurde dem
Referenten das Buch „Die Marienkirche zu Frankfurt (Oder) : Stolz der Stadt
– einst und heute“ überreicht. Im anschließenden Informationsteil sprach
Herr Joachim Schneider über das seit 1943 militärisch
aufgebaute Fernkabelnetz in Deutschland, sowie den weiteren Ausbau in der
DDR, insbesondere dabei die 1956 geschaffene Übertragungsstelle Güldendorf
und den Bemühungen der UdSSR für ein eigenes Netz (Veröffentlichung in den
Mitteilungen noch ausstehend). Zum Abschluss sprach der Vorsitzende über
Briefe von Wilhelm Schönian vom 15. März bis 1. April 1945 mit Schilderung
aus der Festungsstadt, die das Stadtarchiv aus dem Nachlass seiner Tochter
erhielt (Veröff. noch ausstehend).
Anlässlich des 250. Geburtstages
von Ulrike von Kleist (geb. 26. April 1774) veranstaltete der Historische
Verein seine Aprilsitzung im
Kleisthaus
(30.04., 16:00 Uhr, 13 Mitglieder, 38 Gäste). Frau Dr. Barbara Griebnitz,
Forschungsleiterin des Kleistmuseums, führte uns durch die Ulrike von Kleist
gewidmete Ausstellung. Die ausgestellten Originalstücke aus dem Bestand des
Kleistmuseums, des Stadtarchivs und von anderen Leihgebern beleuchteten ihr
Leben als Eigentümerin des Hauses Gr. Oderstraße 26 und als Bürgerin der
Stadt sowie in ihrer lebenslangen Sorge um den jüngeren Halbbruder Heinrich.
Die nachfolgenden Ausführungen zum Haus, zu den von ihr geführten Prozessen
besonders mit der Postverwaltung und der Grabstelle auf dem alten Friedhof
stießen auf reges Interesse bei den Anwesenden (Veröff. noch ausstehend).
Zur Sitzung am 28. Mai kamen 16 Mitglieder und 8 Gäste in die
Gedenkstätte.
Der auf dem Programm stehende erste Kurzvortrag unseres Vereinsmitgliedes
Herr Roland Semik über „Denkmalschutz und -pflege in
Frankfurt (Oder) und Slubice – Rechtliche Rahmen und Praxis im Vergleich“
konnte wegen Erkrankung des Referenten nicht stattfinden. Er soll 2025
nachgeholt werden. So begann der Abend mit dem Vortrag von Herrn
Gerd Knappe über „Frankfurter Belege mit Geschichte(n)“, worin der
Referent die verschiedensten Post- oder andere Belege zeigte und dazu
Informationen z. B. zum Urheber oder Empfänger gab. So schilderte er anhand
eine Fahrpostscheines von 1825 das System der Meilensteine oder nach dem
Bild eines Telegrammformulars die Entwicklung der Telegramme. Als „Zugabe“
zeigte Herr Knappe eine Briefmarke der Serie Germania des Deutschen Reichs
(1889/1902), die nach einem Werk des in Frankfurt (Oder) geborenen Malers
Anton von Werner entstand. Der zweite Vortrag des Abends beschäftigte sich
mit einer unbekannten Frankfurter Künstlerin, von der das Stadtarchiv 18 mit
Bleistift gefertigte Stadtansichten besitzt. Die einst unserem
Vorgängerverein gehörenden Zeichnungen sind seit einiger Zeit in der
brandenburgischen Datenbank „Museum-digital“ öffentlich zugänglich. Herr
OA Targiel wies nach, dass es sich bei der Künstlerin sehr
wahrscheinlich um Margarethe von Werder, verh. von Lützow (1840-1872)
handelt. Auf Grund des in den Mitteilungen, Heft 2/2024, S. 19ff. 8 91
gedruckten Vortrages wurden die bisherigen Angaben in der Datenbank
korrigiert. Der Abend endete mit der Aufnahme von Herrn Dr. Georg
Szalai als neues Vereinsmitglied.
Am 13. Juni, in der
Sommerpause, trafen, wie schon Anfang des Jahres angekündigt, Vertreter der
Maria-Pawlowna-Gesellschaft, Weimar, in Frankfurt ein. Die Gesellschaft
pflegt das Ansehen der Großherzogin Maria Pawlowna von
Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Tochter des russischen Zaren Paul I. heiratete
1804 den Erbprinzen Friedrich von Sachsen-Weimar. Die Gesellschaft hat eine
Erlebnisroute Maria Pawlowna entwickelt, womit sie die Reisestationen,
welche einst die Großherzogin von der Reise von Weimar nach St. Petersburg
absolvierte, besucht. Maria Pawlowna machte am 3. November 1804 Station in
Frankfurt. Sie logierte, wie unser Verein der Gesellschaft mitteilen konnte,
im Gasthof "Goldener Adler", Bischofstraße 21/22. 2023 absolvierte die
Gesellschaft den ersten Reise-Abschnitt von Weimar nach Leipzig, 2024 folgte
der zweite Teil bis Frankfurt (Oder). Mehr darüber ist im Internet über
https://maria-pawlowna.de/weitere-medienberichte-ueber-die-kutschfahrt/
zu erfahren. Bei ihrem Aufenthalt am 13. Juni 2024 führte Museumsdirektor
Dr. Müller die Gäste durch sein
Museum, danach
gab es einen Stadtrundgang unter Leitung des Stellv. Vereinsvorsitzenden
Herrn Dr. Martin Schieck. Am Abend trafen sich die
Mitglieder der Gesellschaft mit Mitgliedern unseres Vereins zum Austausch
beim Abendessen in der Taverna Athos, Hanewald 9.
Zur
Septembersitzung am 24.09. kamen 11 Mitglieder und 6 Gäste im
Stadtarchiv zusammen. Mit der Verlesung des von Herrn Dr.
Schieck verfassten Nachrufes (Mitt. 2/24, S.32) und einer
Schweigeminute gedachten wir zu Beginn der Sitzung unseres verstorbenen
Mitgliedes Wolfgang Brisch. Es folgte der Vortrag von
Vereinsmitglied Lothar Meyer zum Thema: "Ein möglicher
´Nullstein´ am Verkehrsknoten Frankfurt (Oder) im 18. und 19. Jahrhundert -
Ein Phantom?" Im Vortrag wurde der Begriff "Nullstein" als Referenzpunkt von
Poststraßen des 18. Jahrhunderts näher erläutert, die vom
Verkehrsknotenpunkt Frankfurt (Oder) ausgingen. Besonderen Augenmerk
richtete der Referent aber auf das mögliche Vorhandensein eines markanten
Meilenzeigers in der Nähe der ersten Poststation in der Gr. Oderstraße. In
Auswertung der Recherche von Bauunterlagen von 1852 zur Chaussee (heute B87)
in Richtung Müllrose und Beeskow im Brandenburgischen Landeshauptarchiv
Potsdam am 18. Juni 2024 konnte damit eine mögliche Existenz eines
"Nullsteines" für die Chaussee in der Gr. Oderstraße/Brücktorstraße mit
großer Sicherheit ausgeschlossen werden (wird im Heft 1/2025
veröffentlicht). Es folgte ein kurzer Beitrag von Vereinsmitglied Joachim
Schneider zum Adlerschild an der ehem. Hindenburgkaserne (heute
Universität). Der dort zu sehende rote Adler war, wie auch ein vorhandenes
Farbfoto belegt, einst schwarz ausgestaltet. Bei der Restaurierung
(vielleicht auch Neuanfertigung) Anfang der 1990er Jahre erhielt er seine
heutige rote Fassung. Es wurde Herrn Schneider empfohlen,
sich deshalb mit der Unteren Denkmalbehörde in Verbindung zu setzen, um die
Gründe für die farbliche Umformung in Erfahrung zu bringen. Danach lasen die
Herren Horst Voigt und OA Targiel die
Frankfurt (Oder) betreffenden Abschnitte des Kriegstagebuches unseres 2014
verstorbenen Vereinsmitgliedes Günter Hass. Der 1926 in
Frankfurt geborene Günter Hass kam am 31. Januar 1945 als Soldat nach
Frankfurt zurück und erlebte hier die Festungszeit bis zum 23. April 1945.
Nach dem Tod seines Vaters überließ sein Sohn unserem Verein eine Kopie des
bearbeiteten, aber noch unveröffentlichten Kriegstagebuches (wird
wahrscheinlich Mitt. 2/25 veröffentlicht).
Am 29. Oktober fand die
nächste Sitzung im
Stadtarchiv statt. 16 Mitglieder und 40 Gäste waren zum Vortrag von
Vereinsmitglied Horst Voigt und Frau Dorothea Homa
über den Baumeister „Carl Friedrich Joseph Jaeschke (1845-1918), sein Leben
und Werk“ gekommen. Neben Frau Homa, der Urenkelin des Baumeisters, waren
weitere, heute in den USA lebende Nachfahren unter den Gästen. Wegen
Erkrankung von Herrn Voigt verlas Vereinsmitglied Bernhard Klemm
das Vortragsmanuskript, für das Herr Voigt den baugeschichtlichen Teil und
Frau Homa den familiengeschichtlichen Teil bearbeiteten. Jaeschke stammte
aus Schlesien und absolvierte die damals führende Baugewerkschule in
Holzminden. In Frankfurt begründete er eine Baufirma, die zeitgleich in der
Altstadt wie auch an der Bebauung der um den alten Friedhof entstehenden
neuen Häuserviertel mitwirkte. Er bebaute zwei Quartiere, die bislang
Ackerland waren, mit Wohnbauten. Im Quartier zwischen der späteren
Humboldtstraße und der Annenstraße (benannt nach Jaeschkes älterer Schwester
Anna Seidel) entstand sein eigener Firmensitz („Jaeschkenhof“,
„Jaeschkendorf“). Als Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche
errichtete er – vielleicht auf eigene Kosten – die kleine, heute nicht mehr
vorhandene Kirche in der Thilestraße. Der Vortrag – der den Bogen bis zum
Verlust der Häuser nach 1945 spannte – wird im Mitteilungsheft 1/25
erscheinen. Für ihre unterhaltsam vorgetragene Familiengeschichte dankte der
Vorsitzende Frau Homa mit einer Broschüre über Frankfurts Oberbürgermeister.
Im danach folgenden nichtöffentlichen Teil wählten die Mitglieder einstimmig
Frau Sigrid Koppe als neues Mitglied Revisionskommission.
Die nächste öffentliche Sitzung fand am 26. November statt. 16
Mitglieder und 33 Gästen hörten den Vortrag von Vereinsmitglied
Wolfgang Buwert. Herr Buwert trug den zweiten Teil seiner Reihe
„Die Führungselite in Frankfurt (Oder) am Ende der NS-Zeit“ vor. An diesem
Abend sprach er über NSDAP-Gaustabsamtsleiter Victor von Podbielski als
letzten Frankfurter Oberbürgermeister (1943-1945). Anhand zahlreicher Akten
aus dem Bundesarchiv, dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv und dem
Frankfurter Stadtarchiv sowie zahlreicher Fotos, u. a. von der Familie von
Podbielski, zeichnete er ein umfassendes Bild dieses Mannes, der Karriere
als NSDAP-Funktionär machte und dann als Volkssturmbataillons-Kommandeur im
Kessel von Halbe am 20. Mai 1945 seinen Verwundungen erlag. Ebenfalls anhand
zahlreicher Akten behandelt er anschließend den Chef der Gestapostelle
Frankfurt (Oder), Heinz Richter. Dieser war nach Kriegsende wegen der
Mitwirkung an der „Ermordung von mindestens 1500 Juden“ im Zeitraum vom 1.
April 1942 bis 21. September 1942 am 11. April 1969 zu sieben Jahren
Zuchthaus unter Anrechnung der Untersuchungshaft verurteilt worden, während
er am 2. August 1971 wegen der Beihilfe am Mord an über 800 Häftlingen im
Zuchthaus Sonnenburg freigesprochen wurde. Danach sprach Vereinsmitglied
Dr. Karl-Konrad Tschäpe über die geplante Erweiterung der
Gedenk- und
Dokumentationsstätte „Opfer politischer Gewaltherrschaft“ als wichtiges
Vorhaben der zur Erforschung und Darstellung von Fragen des
Gewaltgeschichte. Er erläuterte das neue Raumkonzept, das umso dringender in
Hinblick auf den geforderten Auszug der Heimkehrer-Ausstellung aus dem
Gebäude der Polizeidirektion verwirklicht werden muss. Beide Beiträge werden
im Heft 2/2025 veröffentlicht.
Schon traditionell fand die letzte Sitzung des
Jahres, als nichtöffentliche Sitzung (17 Mitglieder, 1 Gast) am 17.
Dezember, wieder im
Hauptgebäude des Museums statt. Nach der Besichtigung der
Weihnachtsausstellung „Tri-Tra-Trullala! Kasper und seine Freunde sind da! :
Handpuppen aus der Sammlung Pastors zu Gast im Junkerhaus“ stimmte uns unser
Mitglied Dr. Karl-Konrad Tschäpe mit einem kleinen
Orgelspiel im Kurfürstensaal des Junkerhauses auf das folgende geselliges
Beisammensein in „Uromas Küche“ ein, wo Pfefferkuchen und Glühwein (von
Herrn Dr. Martin Schieck organisiert) und Selbstgebackenes
von Frau Sigrid Koppe, sowie ein kleines Geschenk (für
jeden zwei Kugelschreiber mit dem Logo unseres Vereins) bereitstanden. Am
Beginn des geselligen Teiles zeigte Vereinsmitglied Tino Scheuner
ein Foto, auf welchem ein auf dem Dach des Schlachthof-Uhrenturmes liegendes
Uhren-Zifferblatt zu sehen war. Es wurde Herrn Scheuner empfohlen, sich
deshalb an die Stadtverwaltung als Eigentümerin des ehem. Schlachthofes zu
wenden. Zum angeregten Abend trug besonders Vereinsmitglied und Verleger
Andreas Peter aus Guben bei, der das unterhaltsame Quiz
„Süßes zu vielen Gelegenheiten“ mitgebracht hatte. Herr OA Targiel
stellte die beiden Kapitel „Feuerzangenbowle“ und „1. April“ seines
neuen Buches vor.
Für ihre Beiträge zu den Monatssitzungen dankt der
Vorstand allen Beteiligten.
Weiter danke ich meinen Vorstandskollegen
für ihre Arbeit. Für ihre Engagement bei der Sitzungsvorbereitung wie auch
in Erledigung der von ihnen übernommenen Vorstandsaufgaben danke ich
herzlich Frau Dr. Kliemann (Vereinsfinanzen), Herrn
Dr. Schieck (Stellvertretender Vorsitz), Herrn Voigt
(Vergabe und Verwaltung unserer Vereinsmitteilungen) sowie Herrn
Klemm (Schriftführung). Weitere Schwerpunkte der Vorstandsarbeit
waren im Jahr 2024 die Vorarbeiten zur Auflösung der Vereinsbibliothek sowie
die Beteiligung des Vereins an der Aktion „Frankfurter Köpfe“, alles
Projekte, die im nächsten Vereinsjahr zum Tragen kommen werden.
Nun
einige wenige Bemerkungen zu unserem Vereinshaushalt. Wie in allen Jahren
zuvor, bildeten die Mitgliedsbeiträge die Haupteinnahme. Darüber hinaus
erhielt unser Verein zwei Spenden über insgesamt 50,00 €. Es spendeten
Familie Billerbeck (30,00 €) und Familie Putzert (20,00 €). Mit den die
Einnahmen übersteigenden Ausgaben über 1.113,47 € haben wir mehr als im Jahr
zuvor ausgegeben. Der Anstieg der Ausgaben rührt besonders daher, dass wir
den Druck von 3 Heften (2023 1 Heft) und erstmals die vollen Monatszahlungen
für unsere Website zu zahlen hatten. Dank finanzieller Rücklagen steht unser
Verein weiter auf einer soliden wirtschaftlichen Grundlage. Das Weitere zu
den Finanzmitteln unseres Vereins ist dem von unserer Schatzmeisterin Frau
Dr. Kliemann vorgetragenen Kassenbericht zu entnehmen.
Für ihre
Tätigkeit bei der ehrenamtlichen Fertigung unserer Mitteilungshefte dankt
der Vorstand der von den Herren Eckard Reiß und
Wolfgang Buwert gebildeten Redaktion. Im abgelaufenen Vereinsjahr
sind wir mit dem rechtzeitigen Erscheinen von zwei Heften nicht nur wieder
zur Normalität zurückgekehrt, sondern sind, wie Herr Reiß informierte, jetzt
schon beim der Vorbereitung des nächsten Heftes. Heft 1/25 steht kurz vor
dem Redaktionsschluss. Dennoch möchte ich erneut alle Referenten daran
erinnern, ihre Manuskripte bei der Redaktion zum Druck einzureichen. Bei
Bedarf wird die Redaktion, wie bisher auch weiterhin, Hilfe bei der
Manuskripterstellung leisten.
Es folgen einige Sätze zu unserer
Internetseite, E-Mail-Adresse und Technik:
Das Problem mit unserer alten
Internetadresse http://www.historischer-verein-ffo.de/ hat sich
glücklicherweise seit etwa einem Vierteljahr erledigt. Die Internet-
Servicefirma, die unsere Domainadresse von unserem vorhergehenden Provider
auf offensichtlich nicht ganz legitime Weise übernommen und genutzt hat, ist
darüber nicht mehr zu erreichen. Die alte Adresse ist wahrscheinlich nicht
mehr existent. Unser Verein ist beim Provider STRATO unter der neuen,
kürzeren Adresse: http://www.hvffo.de/ inklusive der darunter eingerichteten
Postfächer erreichbar. Darunter auch die Mailadresse: info@hvffo.de, über
die wieder einige Anfragen zu historischen Themen eintrafen (2024: 9, vom
Vorsitzenden beantwortet bzw. weitergeleitet). Das Suchergebnis zu unserer
Website hat sich inzwischen verbessert. Bei der Eingabe „Historischer Verein
Frankfurt (Oder)“ in die Suchmaske, z. B. bei Google, gelangt der Nutzer auf
unsere Internetseite. 2024 hatten wir 69. 895 Zugriffe. Gegenüber 2023 mit
41.573 Zugriffen haben sie im Berichtsjahr um mehr als 50% zugelegt. Das
ist, auch wenn hier Zugriffe durch automatisierte Systeme enthalten sind,
eine erwähnenswerte Nutzung. Wie schon im vergangenen Jahresbericht
enthalten, hat unser Verein im November 2023 einen Laptop für Vereinszwecke
angeschafft. Im Berichtsjahr wurde noch eine Fernbedienung hinzugekauft. Der
Laptop ist mit der wesentlichen Hard- und Software ausgerüstet und
gewährleistet, dass bei den monatlichen Vereinssitzungen im Zusammenspiel
mit einer extern vorhandenen Video- und Audio-Anlage die Vorträge gehalten
werden können. Zu den technischen Einzelheiten hat Vereinsmitglied
Dr. Michael Eichler eine gedruckte Dokumentation angefertigt (liegt
der Laptoptasche bei). Die Dokumentation soll in Zukunft auch von der
Internetseite des Vereins abrufbar sein. Für den vereinsinternen
Datenaustausch sind einige USB- Sticks mit akzeptablen Speicherkapazitäten
vorhanden. 2024 hat Herr Dr. Eichler begonnen, ein digitales Vereinsarchiv
zusammenzustellen (externe USB- Festplatten). Es enthält alle den Verein
betreffenden und in digitalisierter Form schon vorhandenen oder noch
digitalisierbaren Informationen (Textdateien, Power- Point- Präsentationen
…), alle Multimedia- Dateien des Vereins (Fotos, Audios, Videos), sowie eine
Sammlung von Multimedia- Dateien zum Thema „Frankfurt (Oder) und Umgebung“
aus externen Quellen (YouTube, Mediatheken …) für Recherchen der
Vereinsmitglieder. Die aktuellen Rubriken (Vereinstermine, Vortragsplan,
Rechenschaftsbericht - angereichert mit Fotografien, die Herrn Dr. Eichler
in den Vereinssitzungen aufnimmt) werden ständig aktualisiert. Für sein
Tätigkeit bei der Betreuung der Hardware wie auch die Präsentation der
Vereinsinhalte wird Herrn Dr. Eichler herzlich gedankt.
Im
Tätigkeitsbericht möchte ich auch kurz zur Stolperstein-Aktion in Frankfurt
(Oder) berichten. Wie Vereinsmitglied Carsten Roman Höft
den Vereinsvorstand informierte, wurden am 22. September 2024 neue
Stolpersteine zur Erinnerung an Elli Schneider (1918-1941) – An der Alten
Universität 4 und an Erwin Faul (1914-1940) verlegt. Am gleichen Tage wurden
die entwendeten Stolpersteine für Max Hannemann (1899-1945) – Kleine
Oderstraße 7, Helene Hannemann (1908-1990) – Kleine Oderstraße 7 und für
Herbert Jensch (1900-1944) durch neue Steine ersetzt. Frau Dr.
Kliemann führt als Schatzmeisterin unseres Vereins weiterhin
zuverlässig die Einnahme- und Ausgaberechnung der Aktion.
Zum Ende
des Tätigkeitsberichtes möchte ich wieder darauf verweisen, dass Mitglieder
unseres Historischen Vereins sich über den Verein hinaus engagierten und im
Vereinssinne historische Beiträge in anderen öffentlichen
Publikationsorganen publizierten (§3, 2. b. der Satzung) oder sonst das
geschichtliche Interesse der Öffentlichkeit gefördert haben (§2). Soweit sie
dem Vorstand bekannt sind, sollen diese Aktivitäten hier genannt werden. So
wirkten Frau Sigrid Koppe, Frau Dr. Vera Kliemann
und Herr Dr. Georg Szalai 2024 als ehrenamtliche
Mitarbeiter im Museum Viadrina.
Herr Bernhard Klemm
führte im Auftrag der Frankfurter Volkshochschule die folg. fünf
Veranstaltungen durch: 1. Führung durch die Rote Kaserne 2.Vortrag Lost
places in Frankfurt (Oder), diesen nochmals im Förderverein der
Heilandskapelle, 3. Vortrag über Alt- Beresinchen, 4. Vortrag über das
Katholische Marienstift und 5. Spaziergang über den Frankfurter Friedhof.
Außerdem hielt er am „Tag des offenen Denkmals“ im
Kleistmuseum
einen Vortrag über das Baudenkmal ehem. Garnisonschule. Darüber hinaus
absolvierte er am 6. September - im Auftrag des Museums Viadrina - eine
Stadtführung durch die Lebuser Vorstadt.
Herr Lothar Meyer
publizierte in der Fachzeitschrift "Das Meilenstein-Journal" Nr. 88,
Dezember 2024, seine Recherche zum vermeintlichen "Nullstein" der
Reichstraße 87 in Frankfurt (Oder) Ecke Brücktorstraße/Gr. Oderstraße. Am
30. November hielt er bei der Vereinigung der Frankfurter Briefmarkensammler
1900 e. V. einen Vortrag über "Frankfurts Wassertürme".
Herr
Andreas Peter erarbeitete einen Beitrag zur Entwicklung der
Wilhelm-Pieck-Schule in Guben, welcher im Buch „Von der ehemaligen
Wilhelm-Pieck-Schule zum Pflegefachzentrum“ gedruckt wird. Das Buch
erscheint 2025 in dem von ihm geführten Niederlausitzer Verlag Guben. 2024
gab er die 2. Reprint-Auflage von Max Pohlandt „Lebuser Sagen und
Geschichten“ heraus.
Von Herrn Dr. Adrian Robanus ist
der Aufsatz erschienen: »Von Fröschen und Mäusen zugleich aufgefressen zu
werden«. Multimedial vermitteltes Tierwissen in Wielands ›Abderiten‹. In:
Johannes Korngiebel (Hg.), Der Weltgeist unter den Klassikern. Christoph
Martin Wieland als Denker der Vermittlung, Göttingen 2024, S. 149–166.
Weiterhin ist hier besonders seine Mit-Herausgabe des renommierten
Kleist-Jahrbuchs 2024 mit den neu ermittelten Kleist-Briefen zu erwähnen.
Herr Dr. Robanus veröffentlichte 2024 eine Rezension zum Buch von Klaus
Kanzog, »Kommen Sie, Cohn«. Nachdenken über die Kleist-Rezeption jüdischer
Autoren, Günther Emigs Literatur-Betrieb, Niederstetten 2023. In: Arbitrium
42 (2024), H. 2, S. 201–203. Bei den Aktivitäten zur Förderung des
geschichtlichen Interesses in der Öffentlichkeit ist besonders seine
Mitarbeit bei den verschiedensten Veranstaltungen im Kleist-Museum zu
nennen.
Herr Dr. Martin Schieck führte den
Bürgermeister von Anklam und seine Begleitung anlässlich des
HanseStadtfestes durch Frankfurt und stellte unsere Stadt heute und als
ehemalige Hansestadt dar.
Herr Roland Semik engagierte
sich über die Durchführung von historischen Stadtführungen durch Slubice
hinaus besonders zum alten jüdischen Friedhof. Er konnte 2.000,00 € Spenden
einsammeln und damit den in zwei Teile zerbrochenen Grabstein der am 21.
Juni 1819 verstorbenen Ehefrau des Abraham Oppenheim, Ester Oppenheim
restaurieren und neu aufstellen lassen.
Herr OA Targiel
setzte 2024 seine in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv erarbeitete Reihe
zur Geschichte der Stadt Frankfurt (Oder) in der Märkischen Oderzeitung fort
(17 Beiträge), außerdem erschien in dem Mitteilungsblatt der Vereinigung
Frankfurt Briefmarkensammler 1900 e. V. ein Beitrag über Frankfurter
Postbriefkästen („Einst blau, dann rot, heute gelb und grün … In:
frankfurter briefe – Vereinigung Frankfurter Briefmarkensammler 1900 e. V,
Heft 127, März 2024, S. 11-15). 2024 erschien sein Buch „Frankfurt an der
Oder: "Bilder und Geschichten aus alter Zeit“, Sutton Verlag, Erfurt, 2024
(Buchvorstellung 28.November 2024).
Damit möchte ich den
Tätigkeitsbericht schließen. Im Namen des gesamten Vorstandes wünsche ich
Ihnen im nächsten Vereinsjahr, in dem sich die Gründung des neuen
Historischen Vereins zum 35. Mal jährt, ein reges Vereinsleben, interessante
Veranstaltungen und den Mitgliedern persönlich alles Gute, viel Freude und
beste Gesundheit.
OA Ralf-Rüdiger Targiel
Vorsitzender des Historischen
Vereins
zu Frankfurt (Oder) e. V.