3. Exkursion (31.05.1997): Neubrück/Spree, Professor Gustav von Bergmann
Bild 3.1. Gustav von Bergmann, der von 1927 bis 1945 das Gutshaus Neubrück
nutzte.
Die 7. Dienstberatung der Arbeitsgruppe
Traditionspflege beim Bezirksarzt Frankfurt (Oder) fand am 10.05.1990 im
ehemaligen Gutshaus des Professors Gustav von Bergmann in Neubrück/Spree statt.
Sie war auch gleichzeitig die letzte. Die Arbeitsgruppe wurde an diesem Tage
aufgelöst – nach gängigem Sprachgebrauch „abgewickelt“ – letzte Grüße und Dank
für getane Arbeit sowie beste Wünsche für die doch recht unsichere Zukunft allen
Mitgliedern übermittelt.
Über die ehemalige Gemeindesekretärin Frau Lamm kam es zu einer
komplikationslosen Vorbereitung der angestrebten Exkursion, die programmgemäß im
Gutshaus stattfand. Nach dem Vortrag über die Geschichte des Gutshauses durch
die Ortschronistin im ABM-Status folgte der medizinisch-historische Teil, der
auszugsweise wiedergegeben wird [3]:
„... Vor 70 Jahren – 1927 – bestieg Professor Gustav von Bergmann den
Lehrstuhl für Innere Medizin der II. Medizinischen Klinik der Charité Berlin –
und gleichfalls vor 70 Jahren erwarb er das Gutshaus in Neubrück. Gustav von
Bergmann, Sohn des bekannten und verdienstvollen Chirurgen Ernst von Bergmann,
der 1836 in Riga geboren, der Vorgänger von Professor August Bier an der
Chirurgischen Universitätsklinik in Berlin war, wurde am 24.12.1878 in Würzburg
geboren.
Weihnachten 1906. Zum letzten Mal konnte Gustav von Bergmann das Weihnachtsfest
mit seinem Vater feiern, der im folgenden Jahr starb. Gustav von Bergmann war
damals Assistent an der Charité in Berlin und bezog dort ein sehr bescheidenes
Gehalt. Sein ältester Sohn Ernst, den der Großvater auf den Knien hält, war noch
nicht ganz zwei Jahre alt.
Bild 3.2. Der männliche Teil der Familie Bergmann Weihnachten 1906.
Das Studium der Medizin absolvierte er in Berlin, München, Bonn und Straßburg,
wo er 1903 promovierte und am Psychologisch-Chemischen Institut arbeitete. In
Berlin habilitierte er sich im Jahre 1908 an der II. Medizinischen Klinik für
Innere Medizin und übernahm nach Tätigkeit in Marburg und Frankfurt/Main hier
auch den Lehrstuhl. Sein bedeutendstes Werk war sein Lehrbuch „Funktionelle
Pathologie“.
Seine Entwicklung beschreibt er sehr anschaulich in seiner „Rückschau“.
Erstausgabe dieser Autobiographie im Jahre 1954. Die ersten 112 Seiten sind der
Darstellung seiner Familie, besonders aber seines Vaters gewidmet.
Gustav von Bergmanns Studien beinhalteten besonders die Untersuchungen von
Magengeschwüren, Gallenblasenentzündungen, Lebererkrankungen, des Bluthochdrucks
und des vegetativen Nervensystems. Er war der „Vater der Psychosomatik“, des
Einflusses der Psyche auf den Körper und damit des funktionellen Denkens in der
Heilkunde.
Zum Erwerb des Gutshauses in Neubrück schreibt er selbst in seiner „Rückschau“:
„...Wir hatten von Frau Geheimrat Bier, der Gattin des großen Chirurgen, gehört,
es sei ein altes schönes Gutshaus aus der Zeit Friedrich des Großen, unmittelbar
an den Ufern der Spree gelegen, in Neubrück zu verkaufen.“.
"... In diesem Gutshaus in Neubrück habe ich nun eigentlich die „Funktionelle
Pathologie“ geschrieben. An den Wochenenden, in den Ferien und ab und zu nahm
ich mir auch einmal 14 Tage Urlaub, um an dem Werk schaffen zu können. In diesem
Hause richtete ich mir ein geräumiges Arbeitszimmer ein. Die Bilder meiner Ahnen
hing ich an die Wand. Hier stellte sich die Ruhe zu wissenschaftlicher geistiger
Arbeit ein. Ich sicherte die vielen Bücher auf den Tischen, die Manuskripte und
die Zettel vor meinen Enkeln, indem ich ihnen verbot, dieses Zimmer zu betreten.
Im Sommer, morgens zwischen drei und vier Uhr, wenn noch alles schlief, schlich
ich mich in den Raum, sah den Sonnenaufgang und freute mich, dass mir das
Schöpferische in der wissenschaftlichen Arbeit so leicht und für mich so
beglückend von statten ging wie am ganzen übrigen Tag nicht."
Bild 3.3 Titelblatt des Hauptwerkes von Professor Gustav von Bergmann.
Die „Funktionelle Pathologie“ ist ein Werk, das sich bemüht, die Zusammenhänge
zwischen dem Geschehen im menschlichen Körper und dem Seelischen aufzuklären. Es
zeigt sich, daß es in der Beziehung vom Seelischen zum Körperlichen eine
untrennbare Gesamtsituation gibt. Ich glaube, dass ich in jenem Buch eine
klinische Reformation sehen kann. Um es vorwegzunehmen – die 500 Seiten der
„Funktionellen Pathologie“ erfreuen sich großer Beliebtheit bei den Ärzten, das
kann ich mit Recht behaupten, denn die beiden Auflagen, die erste von 1932 und
die zweite von 1936, sind vergriffen. Ich arbeite im Augenblick an der dritten
Auflage. ...“
Professor Gustav von Bergmann verstarb hochgeehrt am 16.09.1955 – 76-jährig – in
München.
Video 3.1. Exkursionsziele Neubrück, Neuzeller Klosterbrauerei und Kloster Neuzelle.
Die Rückfahrt für die Exkursionsteilnehmer
erfolgte über Neuzelle, wo eine sehr
instruktive Führung durch die Kloster-Brauerei umfangreich und mit Kostproben
vorbereitet worden war und eine eine Besichtigung der Klosteranlage erfolgte.
[3] Eichler, Klaus, Vortragskonzept zum 31.05.1997 „Zum Mediziner Gustav von
Bergmann“, liegt bei Klaus Eichler.